English: Extreme Weather Congress / Español: Congreso de Tiempo Extremo / Português: Congresso de Tempo Extremo / Français: Congrès sur les Intempéries / Italiano: Congresso sul Tempo Estremo
Der Extremwetterkongress ist eine jährliche Fachveranstaltung, die sich mit den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Aspekten von Wetterextremen befasst. Er dient als Plattform für den Austausch zwischen Forschung, Praxis und Öffentlichkeit, um Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und zur Risikominimierung zu entwickeln.
Allgemeine Beschreibung
Der Extremwetterkongress ist eine interdisziplinäre Konferenz, die seit 2006 in Hamburg stattfindet und von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (DMG) sowie weiteren Partnern wie dem Helmholtz-Zentrum Hereon und dem Climate Service Center Germany (GERICS) organisiert wird. Die Veranstaltung richtet sich an Wissenschaftler:innen, Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft, Medien sowie die interessierte Öffentlichkeit. Im Fokus stehen aktuelle Erkenntnisse zu Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Starkregen, Stürmen oder Dürren, die im Kontext des anthropogenen Klimawandels zunehmend an Häufigkeit und Intensität gewinnen.
Ein zentrales Anliegen des Kongresses ist die Vermittlung zwischen wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung. Dazu gehören die Präsentation neuer Klimamodelle, die Diskussion über Frühwarnsysteme sowie die Entwicklung von Anpassungsstrategien für Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen. Besonders betont wird die Notwendigkeit einer resilienten Infrastruktur, um die Folgen von Extremwetterereignissen abzumildern. Die Veranstaltung kombiniert Fachvorträge mit Workshops und Podiumsdiskussionen, um einen ganzheitlichen Blick auf die Thematik zu ermöglichen.
Der Kongress ist auch eine Plattform für den Dialog zwischen Globalem Norden und Globalem Süden, da Extremwetterereignisse in verschiedenen Regionen unterschiedliche Auswirkungen haben. Während in Europa etwa Hitzewellen und Überschwemmungen im Vordergrund stehen, sind in Afrika oder Südasien Dürren und tropische Wirbelstürme von besonderer Relevanz. Durch internationale Kooperationen und den Austausch von Best-Practice-Beispielen soll eine globale Perspektive gefördert werden.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Kommunikation von Klimarisiken. Hier geht es darum, wissenschaftliche Daten so aufzubereiten, dass sie für Entscheidungsträger:innen und die breite Öffentlichkeit verständlich und handlungsrelevant werden. Der Extremwetterkongress leistet damit einen Beitrag zur Klimakommunikation (IPCC, 2021) und unterstützt die Umsetzung der Ziele des Pariser Abkommens (UNFCCC, 2015), insbesondere im Bereich der Klimaresilienz.
Historische Entwicklung
Der Extremwetterkongress wurde 2006 ins Leben gerufen, als die Auswirkungen des Klimawandels auf Extremwetterereignisse zunehmend sichtbar wurden. Auslöser war unter anderem der verhängnisvolle Sommer 2003, der in Europa mit einer Hitzewelle verbunden war, die nach Schätzungen der World Health Organization (WHO) über 70.000 zusätzliche Todesfälle verursachte. Diese und ähnliche Ereignisse unterstrichen die Dringlichkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse schneller in politische und gesellschaftliche Maßnahmen umzusetzen.
In den ersten Jahren lag der Fokus vor allem auf der Analyse von Wetterdaten und der Verbesserung von Vorhersagemodellen. Mit der Zeit weitete sich das Themenspektrum aus: Seit den 2010er-Jahren werden vermehrt sozioökonomische Aspekte behandelt, etwa die Kosten von Extremwetterereignissen für Volkswirtschaften oder die psychologischen Folgen für Betroffene. Seit 2015 ist der Kongress eng mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen verknüpft, insbesondere mit den Zielen 11 (Nachhaltige Städte) und 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).
Seit 2020 spielt die Digitalisierung eine größere Rolle, etwa durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Auswertung von Satellitendaten oder die Entwicklung von Apps für Echtzeitwarnungen. Die COVID-19-Pandemie führte zudem zu einer Hybridisierung der Veranstaltung, sodass seit 2021 Teile des Programms online zugänglich sind. Dies ermöglichte eine größere internationale Beteiligung, insbesondere von Expert:innen aus Ländern des Globalen Südens.
Anwendungsbereiche
- Klimaforschung: Präsentation neuer Studien zu Extremwetterphänomenen, etwa zur Zunahme von Starkregen in Mitteleuropa oder zur Intensivierung tropischer Wirbelstürme durch höhere Meerestemperaturen (Quelle: IPCC AR6, 2021).
- Risikomanagement: Entwicklung von Frühwarnsystemen für Kommunen und Unternehmen, etwa durch den Deutschen Wetterdienst (DWD) oder das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF).
- Stadtplanung: Erarbeitung von Konzepten für klimaresiliente Städte, z. B. durch Entsiegelung von Flächen, begrünte Dächer oder Hochwasserschutzmaßnahmen.
- Landwirtschaft: Anpassungsstrategien für die Landwirtschaft, etwa durch trockenheitsresistente Sorten oder präzise Bewässerungssysteme, um Ernteausfälle bei Dürren zu minimieren.
- Versicherungswirtschaft: Analyse von Schadensdaten und Entwicklung neuer Versicherungsmodelle für Extremwetterrisiken, z. B. durch parametrische Versicherungen.
- Bildung und Öffentlichkeitsarbeit: Sensibilisierung der Bevölkerung für Klimarisiken, etwa durch Schulprogramme oder Kampagnen wie die *"Klimaarena"* in Sinsheim.
Bekannte Beispiele
- Hitzesommer 2018/2019 in Europa: Auf dem Kongress wurden die gesundheitlichen Folgen analysiert, darunter ein Anstieg der hitzebedingten Mortalität um bis zu 20 % in einigen Regionen (Quelle: Lancet Countdown, 2020).
- Flutkatastrophe 2021 in Westeuropa: Diskussion über Versäumnisse in der Warnkette und Forderungen nach einem bundesweiten Hochwasserschutzgesetz.
- Projekt "Klimaanpassungsstrategien für Hamburg": Vorstellung von Maßnahmen wie schwimmenden Häusern in Überflutungsgebieten oder hitzeangepassten Schulhöfen.
- Initiative "Climate Services" der WMO: Präsentation von Tools zur besseren Nutzung klimatologischer Daten in Entwicklungsländern, z. B. für die Landwirtschaft in Subsahara-Afrika.
Risiken und Herausforderungen
- Datenlücken: In vielen Regionen, insbesondere in Entwicklungsländern, fehlen langfristige Wetteraufzeichnungen oder hochauflösende Klimamodelle, was präzise Vorhersagen erschwert.
- Politische Trägheit: Trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse werden notwendige Anpassungsmaßnahmen oft verzögert, etwa aus Kostengründen oder aufgrund kurzer Legislaturperioden.
- Soziale Ungleichheit: Ärmere Bevölkerungsgruppen sind von Extremwetterereignissen überproportional betroffen, haben aber oft keinen Zugang zu Schutzmaßnahmen oder Versicherungen.
- Kommunikationsbarrieren: Wissenschaftliche Unsicherheiten (z. B. bei regionalen Klimaprojektionen) werden teilweise instrumentalisiert, um Handlungsbedarf infrage zu stellen.
- Technologische Abhängigkeit: Der Einsatz von KI oder Satellitentechnik erfordert hohe Investitionen und Know-how, was für viele Länder eine Hürde darstellt.
- Psychologische Folgen: Wiederkehrende Extremwetterereignisse können zu Klimangst oder Resignation führen, was langfristige Anpassungsbereitschaft mindert.
Ähnliche Begriffe
- Klimagipfel (COP): Jährliche Konferenz der Vereinten Nationen (UNFCCC) mit Fokus auf globale Klimapolitik, während der Extremwetterkongress stärker auf regionale Anpassung und Wissenschaftskommunikation abzielt.
- Klimaresilienz: Fähigkeit von Systemen (z. B. Städten, Ökosystemen), sich an Klimaveränderungen anzupassen und Schocks wie Extremwetter zu absorbieren – ein zentrales Thema des Kongresses.
- Attributionsforschung: Wissenschaftliches Feld, das den Einfluss des Klimawandels auf einzelne Extremwetterereignisse quantifiziert (z. B. durch World Weather Attribution-Projekte).
- Klimadienstleistungen (Climate Services): Praxisnahe Aufbereitung von Klimadaten für Nutzer:innen wie Landwirt:innen oder Katastrophenschutzbehörden, oft Thema von Workshops auf dem Kongress.
Zusammenfassung
Der Extremwetterkongress ist eine zentrale Plattform für den Austausch über die Folgen des Klimawandels auf Wetterextreme und die Entwicklung von Anpassungsstrategien. Durch die Verknüpfung von Wissenschaft, Politik und Praxis leistet er einen Beitrag zur Steigerung der Klimaresilienz – von lokalen Communities bis hin zu globalen Initiativen. Die Veranstaltung reagiert dabei dynamisch auf neue Herausforderungen, etwa durch Digitalisierung oder die Einbindung des Globalen Südens. Trotz Fortschritten bleiben Risiken wie Datenlücken oder politische Umsetzungsdefizite bestehen, was die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung unterstreicht.
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