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Überweidung bezeichnet im Umweltkontext die übermäßige Beweidung von Vegetation in einem bestimmten Gebiet durch Weidetiere über einen längeren Zeitraum hinweg, die über die Fähigkeit der Pflanzen hinausgeht, sich zu regenerieren. Dieses Phänomen führt zu einer nachhaltigen Schädigung des Ökosystems, insbesondere der Bodenqualität und der Pflanzenvielfalt, und ist eine Hauptursache für Bodenerosion und Wüstenbildung (Desertifikation).
Allgemeine Beschreibung
Überweidung tritt auf, wenn die Anzahl der Weidetiere (z. B. Rinder, Schafe, Ziegen) im Verhältnis zur Tragfähigkeit und Regenerationsgeschwindigkeit der Vegetation eines Gebietes zu hoch ist, oder wenn die Weideperioden zu lang sind. Die Tiere fressen dabei die Pflanzen nicht nur kahl, sondern zerstören auch deren Wurzelsysteme durch Vertritt und Verdichtung des Bodens.
Die ökologischen Folgen der Überweidung sind gravierend:
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Reduktion der Pflanzenbedeckung: Die Erdoberfläche wird ungeschützt dem Wind und dem Regen ausgesetzt.
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Bodenerosion: Ungeschützter Boden wird leicht abgetragen, wodurch Nährstoffe verloren gehen und die Fruchtbarkeit sinkt.
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Verdichtung des Bodens: Der ständige Tritt der Tiere verdichtet den Boden, was die Infiltrationsrate von Wasser senkt und die Bodenbelüftung verschlechtert, wodurch das Pflanzenwachstum weiter gehemmt wird.
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Verlust der Artenvielfalt: Futterpflanzen werden durch weniger schmackhafte oder widerstandsfähige Pflanzenarten ersetzt, was zu einer Monokultur führen kann.
Überweidung ist besonders in semiariden und ariden Regionen der Erde ein großes Umweltproblem, da hier die Regenerationsfähigkeit der Vegetation aufgrund von Trockenheit ohnehin schon gering ist.
Typische Ausprägungen
Die Auswirkungen der Überweidung manifestieren sich in verschiedenen Umweltsystemen:
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Akkumulation von Dürreschäden: In Trockengebieten kann Überweidung die Folgen von Dürreperioden drastisch verschärfen, da der geschädigte Boden kaum noch Wasser speichern kann.
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Rückgang der Weidequalität: Die Entwicklung von Dornenbüschen oder giftigen Pflanzen auf ehemals fruchtbaren Weideflächen aufgrund selektiven Abweidens der Nutzpflanzen.
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Wüstenbildung (Desertifikation): In extremen Fällen ist Überweidung ein direkter Auslöser für die Ausbreitung von Wüsten und den Verlust landwirtschaftlicher Flächen.
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Eutrophierung von Gewässern: Durch Erosion gelangt überdüngter Boden in Flüsse und Seen, was dort zu einer Überdüngung (Eutrophierung) und Sauerstoffmangel führen kann.
Anwendungsbereiche
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Landmanagement und Landwirtschaft: Überweidung ist ein zentrales Problem des nachhaltigen Landmanagements. Lösungen umfassen die Rotationsweide oder die Reduzierung des Tierbestandes.
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Klimaforschung und Bodenschutz: Die Analyse der Auswirkungen von Überweidung ist wichtig für die Bewertung der Klimaresilienz von Ökosystemen und die Entwicklung von Bodenschutzmaßnahmen.
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Naturschutz und Artenschutz: Überweidung bedroht die Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten. Maßnahmen zur Begrenzung sind oft Teil von Naturschutzprojekten.
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Entwicklungspolitik: In vielen Entwicklungsländern trägt Überweidung zur Verarmung ländlicher Gemeinschaften bei, da die Basis für die Subsistenzwirtschaft zerstört wird.
Risiken und Herausforderungen
Die Bekämpfung und Vermeidung der Überweidung stellt folgende Herausforderungen dar:
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Wirtschaftliche Abhängigkeit: In vielen Regionen ist die Tierhaltung die einzige existenzsichernde Einkommensquelle. Eine Reduzierung des Viehbestandes führt zu sozialen Konflikten und Armut.
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Fehlendes Landmanagement: Mangel an Landbesitzrechten oder traditionelle, nicht nachhaltige Beweidungsmethoden verhindern oft die Implementierung von Rotationsweidesystemen.
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Klimawandel: Erhöhte Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster reduzieren die Regenerationsfähigkeit der Vegetation, wodurch die Schadenschwelle für Überweidung sinkt.
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Politische Umsetzung: Die Durchsetzung von Restriktionen bezüglich der Tieranzahl oder der Weidezeiten erfordert oft politischen Willen und die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung.
Beispielsätze
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Überweidung hat zur Zerstörung der Grassnarbe und zu starker Bodenerosion in den Steppenregionen geführt.
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Nachhaltiges Weidemanagement ist entscheidend, um Überweidung zu vermeiden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.
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Wissenschaftler untersuchen, wie Überweidung die Biodiversität in alpinen Gebieten beeinflusst.
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Die Desertifikation am Rand der Sahara ist größtenteils eine Folge von Überweidung und Entwaldung.
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Die Flutgeschwindigkeit des Oberflächenwassers wird durch den durch Überweidung verdichteten Boden erhöht.
Ähnliche Begriffe
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Desertifikation (Wüstenbildung): Die Ausbreitung von Wüsten oder wüstenähnlichen Bedingungen als Folge von Klimawandel und menschlichen Aktivitäten wie Überweidung.
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Bodenerosion: Die Abtragung von Oberboden durch Wind und Wasser, die durch Überweidung stark beschleunigt wird.
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Tragfähigkeit (eines Ökosystems): Die maximale Anzahl von Individuen oder Tieren, die ein Ökosystem langfristig unterstützen kann, ohne Schaden zu nehmen.
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Rotationsweide: Eine nachhaltige Beweidungsmethode, bei der Vieh systematisch zwischen verschiedenen Koppeln gewechselt wird, um der Vegetation Zeit zur Erholung zu geben.
Weblinks
- environment-database.eu: 'Overgrazing' in the glossary of the environment-database.eu (Englisch)
Zusammenfassung
Überweidung ist ein ernsthaftes Umweltproblem, das durch eine zu hohe Konzentration von Weidetieren in einem Gebiet verursacht wird, wodurch die Pflanzenwelt über ihre Regenerationsgrenzen hinaus geschädigt wird. Die ökologischen Konsequenzen umfassen Bodenerosion, Bodenverdichtung und den Verlust der Artenvielfalt, was insbesondere in Trockengebieten zur Wüstenbildung führt. Nachhaltiges Landmanagement und die Reduktion des Viehbestandes sind notwendig, um die Umweltschäden zu begrenzen und die landwirtschaftliche Basis zu schützen.
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